Ocarina of Time

Autor: Kaat


Keuchend rannte Link die Halle entlang. Seine Schritte warfen einen lauten Widerhall durch den Raum. Das kunstvoll verzierte Schwert aus härtestem, kalten Stahl mit beiden Händen umklammert. Die grüne, lange Mütze, die immer wieder Gefahr lief, ihm vom Kopf zu rutschen bei dem Tempo, das der Hylianer meistens lief, wedelte im Laufwind. Das leicht brüchige, doch auf wundersame Weise nicht zu zerstörende Leder, aus dem die Stiefel gefertigt waren, knackte, wenn er gegen einen Stein oder einen Steinplattenvorsprung stieß. Der Schild drückte den Pfeilköcher, der unter dem Gewicht von achtundvierzig Pfeilen (zwei hatten sich in den Rücken eines Flatterbeißers gebohrt) schon fast in die Taille hing, noch tiefer in den Rücken hinein. Mit einem leisen, kaum wahrnehmbarem Geräusch schlug der Ohrring am linken Ohr des Hylianers gegen seine Haut. Sein Gesichtsausdruck war der einer Person, die zu allem entschlossen ist.

Er lief die Treppen weiter hinauf, bis sie an einer Plattform endeten. An der Seite war eine reichverzierte Tür eingelassen. Er legte die linke Hand darauf und presste die Handfläche leicht dagegen. Und wieder konnte er den wundersamen, geheimnisvollen Ton vernehmen, der einen Zauber aus den Zeiten der Schöpfung des Lebens rief. Er rief das Mana an, das ihm und jedem anderen Lebewesen zuteil war; für einen Moment ein Aufleuchten der Tür und knirschend glitt sie nach oben. Der Zauber, den er schon mehrmals in diesem Turm beobachten konnte. Er riss die Hand mit einer hektischen Bewegung wieder an den Griff des Schwertes und erschrak über seine Nervosität. Doch er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Mit einem Satz stand er in dem hohen, achteckigen Raum, der mit einem roten Teppich ausgelegt war, der schon die Stufen und den Raum ein Stockwerk tiefer geziert hatte. Der Teppich, der ihn zu Ganondorf führen würde.

Er betrachtete den Raum den Bruchteil einer Sekunde, kümmerte sich dann jedoch wieder um das, was vor ihm lag. Eine blau-golden verzierte Truhe mit einem goldenen Schloss mit Stierhörnern. Er wusste, dass man in solchen Truhen stets den goldenen Masterschlüssel fand, der mit einem Rubin ungewöhnlich heller Farbe geschmückt war. Doch das war es nicht, auf das er sein Hauptaugenmerk richtete, sondern, was vor der Truhe war: Zwei Eisenprinzen, ein weißer, der, wie Link ahnte, mit einem dunklen Wüsten-Zauber von großer Macht beschworen sein musste, sonst hätte Ganondorf ihn kaum metallisieren können, und ein goldener. Letzterer erstaunte Link, wo Ganondorf doch das Untergeschoss mit allerlei tödlichen Gefahren ausgestattet hatte. Offenbar hatte sich er sich die kräftigsten Gegner für den Schluss aufgehoben.

Dieser Gedanke ließ einen heißen Zorn in Link aufbrennen, selbst wenn er nicht wusste, wieso. Er spürte, dass er nahe an Ganondorf war, näher noch, als Ganondorf geplant hatte, den Hylianer kommen zu lassen. Zweifellos musste er gewusst haben, dass Link es mit den Kreaturen in den Tempeln aufnehmen würde, sonst hätte er den Trutzturm nicht bis an die Zähne bewaffnet. Doch er hatte vermutlich nicht wirklich angenommen, dass Link eine reelle Chance gegen die Gefahren in den sieben Räumen hatte. Und doch hatte er sich hier oben noch gerüstet.

Es gab etwas, das Link mit Ganondorf verband, genau wie mit Zelda oder sie mit Ganondorf, auch wenn er wusste, dass es etwas war, was er nur erahnen und nicht mal im geringsten erfassen konnte. Vielleicht ein magischer Bund, den das Triforce den drei Mächten auferlegte, die es sich ausgesucht hat, um in ihnen innezuwohnen. Jedenfalls konnte er Ganondorfs Gedanken und Gefühle spüren und er wusste, dass es ihm genauso erging. Er sah im Geiste Ganondorf deutlich in voller Länge vor sich, mit dem Rücken zu ihm gewandt, Orgel spielen. Der Großmeister des Bösen grinste hämisch, als wäre der Ausgang des unvermeidlichen Endkampfes zwischen den beiden nur durch Links Gedanken an ihn für das Böse entschieden. Link spürte auch, dass es noch etwas hier gab, das er nicht wusste. Etwas Gefährliches, das ihn bedrohte. Doch er wischte diesen Gedanken ärgerlich beiseite und ging leicht in die Knie, seine Vorbereitung auf einen Kampf.

Knirschend kam Leben in die Eisenritter und es war Link, als trüge jeder Schatten, der in den Gelenken der metallenen Gestalten tanzte, Ganondorfs Grinsen. Wütend stürmte Link den beiden entgegen. Es war zu früh, an Ganondorf zu denken. Wenn er überleben wollte, musste er seine Gedanken allein den beiden Kreaturen hier widmen.

Langsam gelang es ihm, seinen Geist frei von Sorgen zu machen, während er keuchend die schrecklichen Hiebe der Schlächter-Äxte, die seine Gegner trugen, mit dem Hyliaschild abfing. Bisher hatte niemand Link besiegt. Er wusste, dass es an der Macht lag, die ihm das Triforcefragment des Mutes verlieh, eine Kraft, deren Ausmaße erstaunlich groß waren und aus ihm einen Schwertkämpfer machten, der sich mühelos mit allen Rittern an Zeldas Hof gleichzeitig hätte messen können. Doch er wusste auch - denn das hatte er in den letzten Tagen gelernt - dass diese Kraft nicht unerschöpflich war. Selbst wenn er aus vielen Kämpfen nicht einmal eine Schnittwunde davongetragen hatte, so hatte ihn jeder Kampf bisher Mana gekostet. Je länger er die Macht, die ihm das Triforce lieh, verwendete, desto mehr von ihr ging verloren und desto länger brauchte sie folglich, sich zu regenerieren. Der Kampf mit den Hexen im Geistertempel beispielsweise hatte ihn nicht wenig Kraft gekostet; es hatte Stunden auf dem Rücken Eponas gebraucht, bis sein Mana wieder vollständig war. Seit ihm Kaepora, die Eule, dieses Geheimnis heimlich offenbart hatte, hatte er sich fest vorgenommen, nach jedem Kampf gegen ein Monster oder eine ähnliche Gestalt sein Mana zu regenerieren. Doch er ahnte bereits, dass es - sofern er den Kampf überhaupt überlebte - Tage, wenn nicht Wochen, brauchen würde, bis sein Mana wieder vollständig war. Doch er war sich des Risikos bewusst und hatte keine Wahl. Bevor er den Turm betreten hatte, hatte er sich eine große Kraftquelle im Hyliasee angeeignet. Er wusste, dass seine Kräfte im Wasser und im Wald rascher wuchsen als in der Wüste oder in Vulkanen.

Da, mit einem Mal, umfasste ihn wieder die Kraft, gab ihm wieder seine Fähigkeiten. Das Mana begleitete ihn wieder.

Er löste sich mit einem Ruck aus dem Stemmkampf mit dem goldenen Eisenprinzen, stieß ihm krachend seinen Schild in die Seite und ließ seine zornig bebende Klinge auf den bedauernswerten Gegenspieler niederpfeifen. Doch Link ließ es nicht zu, nur mit den Kräften des Triforce zu kämpfen; er wusste, dass er später jedes Quäntchen Kraft brauchen würde. In seinen Gedanken hörte er Ganondorf schallend auflachen - ohne Zweifel hatte er die Gedankenwege Links bis zu diesem Punkt mitverfolgt und schon hauchte er ihm eine bestätigende Antwort in seine Gedanken.

Link ließ sich davon nicht irritieren, im Gegenteil, noch energischer stieß er mit dem Masterschwert zu, dass die goldene Rüstung seines Feindes zusehends zerschrammte. Mit einem Ruck zog Link das Schwert aus der Schulter des Eisenprinzen, der, von seiner vierzig Zentimeter tiefen Wunde gepeinigt, einen verzerrten Keuchlaut ausstieß. "Vielleicht steckt in dieser Rüstung ja doch ein menschliches Antlitz", dachte Link, verstieß den Gedanken jedoch gleich ins Bodenlose. Mitleid war jetzt nicht angebracht; der Eisenprinz machte schließlich auch keinen Hehl daraus, dass er versuchte, ihn umzubringen. Außerdem konnte da keine menschliche Gestalt drin sein, sonst hätte er ihm mit dem Schulterangriff das Herz in zwei Teile gespalten.

Link machte einen Satz zurück, holte zum finalen Stoss aus und stach mit tödlicher Präzision in den Bauch. Das unzerstörbare Masterschwert bahnte sich seinen Weg durch die Rüstung als wäre sie aus Butter und nicht aus magischem Gold und stach auf der anderen Seite wieder heraus.

Kein Blut. Link atmete innerlich auf; er wusste nicht, wie er sich gefühlt hätte, wenn er mit Zweifel an der Richtigkeit seiner Sache weitergekämpft hätte.

Scheppernd fielen die metallenen Überreste seines Gegner zu Boden. Er regte sich nicht mehr. Link hatte keine Zeit, sich auszuruhen: Der weiße Eisenprinz stürmte heran. Link atmete stoßweise aus; er hatte zwar nicht erwähnenswert viel Mana verbraucht, doch er wusste, dass sein zweiter Gegner um mehrere Dutzend Klassen besser kämpfte als der goldene Eisenprinz.
Geschickt fing Link den Schlag der tödlichen Axt mit dem Schild ab, doch sein Handgelenk schrie vor Schmerz auf. Das Mana machte einen guten Schwertkämpfer aus ihm, keinen unverwundbaren. Mit der Breitseite des Masterschwertes gab Link dem Schild einen energischen Stoss, so dass dieser auf seinem Unterarm ein Stück nach hinter rutschte und er die Waffe mit beiden Händen umklammern konnte. Damit verlieh er seinem Schlag noch einmal so eine starke Wucht.

Im Laufe des Kampfes wurde Link klar, mit welch einer Leichtigkeit er sich des ersten Gegners entledigt haben musste, denn der zweite machte es ihm entscheidend schwerer. Er trieb Link vor sich her, wie es ihm passte, und der Hylianer war bald gezwungen, in die Defensive zu gehen. In seinem Hinterkopf machten sich Gedanken breit, die er sich zu glauben weigerte: Er wollte nicht einsehen, dass er verteidigen musste, wenn er überleben wollte.

Er sprang plötzlich nach vor, rollte sich über dem Boden ab, tauchte so unter der Waffe des Gegners hindurch und kam so an der Seite seines Gegners wieder auf die Beine. Doch für diesen unverschämten Überraschungsangriff bezahlte Link teuer: die Breitseite der Axt traf ihn so hart am Rücken, dass es ihm schlicht die Wirbelsäule gebrochen hätte, wenn der dicke Pfeilköcher nicht die schlimmste Kraft abgefangen hätte. Vor Überraschung und Schmerz aufschreiend wurde Link nach vorne geschleudert, kam auf dem Boden auf, überschlug sich einmal und blieb auf dem Rücken liegen. Verschwommen nahm er das Beben des Bodens wahr, die dröhnenden, klirrenden Schritte, die ihm verrieten, dass der Eisenprinz auf ihn zustürmte. Allein sein Instinkt rettete ihn; er stach das Schwert in den Boden und stemmte sich kraftvoll zur Seite, wobei er während der Rolle das Schwert wieder aus dem Boden riss. Erschrocken nahm er wahr, dass die Axt einen Meter neben ihm in den Boden krachte; wäre ihm das Fluchtmanöver nicht gelungen, hätte sie ihm den Kopf abgeschlagen. Er sprang auf die Beine und nutzte die Wendung, die den Kampf entschied: Der Eisenprinz konnte seine Axt nicht mehr aus dem Boden ziehen. Mit erhobenem Schwert lief Link auf ihn zu und die Klinge fand diesmal ihr Ziel. Scheppernd fiel der Kopf des Eisenprinzen zu Boden.

Kaum war das Leben - wenn man es so nennen konnte, dachte Link düster - aus dem Ritter gewichen, verließ ihn das Mana. Das Schwert fiel ihm aus den Händen und er ging langsam in die Knie. Keuchend legte er sich auf den Rücken. Er nahm nur noch verschwommen wahr, wie die Überreste der Eisenprinzen in blauem Feuer aufgingen und wie sich der Bann, der die Truhe versiegelte, abbaute und der Deckel aufging. Das goldene Leuchten aus dem Inneren kümmerte ihn nicht mehr.
Er hatte viel Mana verloren und musste sich ausruhen. Während ihm Schweißtropfen das Gesicht runterliefen, klammerte er sich krampfhaft an den einzigen Gedanken, der ihn noch beschäftigte: "Wie soll ich Ganondorf überleben?"

Er hatte sich gesammelt. Es war Zeit. Er richtete sich langsam auf und nahm Schwert und Schild an sich. Er griff in die Truhe und zog den Masterschlüssel heraus, den er sogleich sorgsam in einer Tasche verstaute. Nicht auszudenken, dachte er belustigt, wenn die Rettung Hyrules daran scheiterte, dass er den Schlüssel verloren hatte. Doch er wurde sogleich wieder ernst. In seiner Lage sollte er keine Witze machen, sonst blieb von dem Hyrule, das er retten wollte, nur ein Trümmerhaufen übrig. Schweigend öffnete er die Türe auf der anderen Seite des roten Teppichs und machte sich daran, die Stiegen hinauf zu steigen.

Er merkte gleich, dass hier etwas anders war. Die anderen Treppen waren karg, feucht und still, doch diese hier nicht. Grosse bunte Fenster, wie sie sonst nur in Kirchen vorkamen, waren an der Seite und beleuchteten den Gang. Einen Moment lang zerbrach sich Link den Kopf darüber, womit der Gang beleuchtet wurde, denn als er das letzte Mal draußen war, umgab eine bedrückende Finsternis das Schloss. Er überlegte, ob diese Stufen nicht viel mehr ins Himmelreich führten, doch er wollte den Gedanken nicht weiter verfolgen. Außer den Fenstern waren auch noch überall Fackeln, doch die waren an der Innenseite des Ganges.

Link wusste nicht, wie lange er hier schon gegangen war, doch plötzlich stand er vor einer Tür. Sie war nicht klein wie die anderen, sondern überragte vermutlich die Größe Ganondorfs selbst um ein beachtliches Stück. Doch sie war nicht verschlossen. Er öffnete sie und sah sich um. Der Raum war riesig, doch es fiel nur spärlich Licht durch ein paar Löcher in der Mauer, die eher an Schießscharten als an Fenster erinnerten. In der Mitte war eine Art riesiger Pfeiler, eine quadratische Säule, die bis zur Decke reichte. An allen vier Seiten waren Sprossen angebracht, an denen man hochklettern konnte. Link ahnte schon düster, dass diese Sprossen nicht bei der Decke endeten...

Link kletterte nicht hoch, wie es ihm als erstes durch den Kopf schoss; die Decke begrenzte die Säule so, dass er dort oben nicht weiterkommen würde. Stattdessen hatte er auf der anderen Seite des Raumes eine Tür erspäht, groß und reich verziert wie die, durch die er gekommen war. Er lief hin und öffnete sie. Vor ihm wand sich ein gleicher Gang hinauf, Fenster, Teppich und Fackeln wie der, den er gekommen war. Er begann den Aufstieg.

Er brauchte für diese Treppe noch länger, doch das lag daran, dass er sich nicht beeilte. Er hätte leicht zwei, drei Stufen auf einmal nehmen können, doch er wollte sich nicht anstrengen. So atmete er tief und gleichmäßig und kam nach schier einer Ewigkeit oben an.

Das war die Türe. Magisch versiegelt, mit einem Schloss aus Gold mit Stierhörnern. Goldene Ketten hielten es. Er wusste, was passieren würde, wenn er den Schlüssel mit einem Knacken in dem Schloss herum drehen würde: Das goldene Schloss würde zusammenschrumpfen, die Ketten würden weichen, die Tür würde rasselnd hochgehen. Und was ihn dahinter erwartete...

Es war Link, als reiße man ihn aus einem Traum: Er hatte sich alles nicht vorgestellt, sondern es getan: Den Schlüssel knackend im Schloss herumgedreht, das Schloss war zusammengeschrumpft, die Ketten wichen. Die Tür öffnete sich.

Da stand Ganondorf, genau wie Link es sich vorgestellt hatte: Er stand da, mit dem Rücken zu ihm, spielte Orgel. Das war also das vernehmliche Geräusch am Gang gewesen. Das dumpfe Geräusch, mit dem die Türe wieder auf den Boden stieß, riss ihn aus seinen Überlegungen. Ganondorf drehte sich herum und grinste.

"Endlich bist du gekommen, Link. Ich wusste, du würdest nicht kneifen." Das war schlicht gelogen, dachte Link. Ganondorf hatte nicht damit gerechnet dass Link es bis hier schaffen würde. Doch er hütete sich, Ganondorf den Triumph zu schenken, dass er ihm widersprach.

"Ich habe dich beobachtet, Link. Sieben Jahre habe ich gewartet, weil ich wusste, dir würde sich Zelda offenbaren. Aber Genaueres habe ich ja schon erzählt." - "Was willst du von mir, Ganondorf? Lass Zelda gehen oder du wirst es bereuen!" Link wusste, wie lächerlich seine Worte klingen mussten. Ganondorf warf ihm einen Blick zu, als ob er bereits fieberhaft überlegte, mit welcher Methode er Link am qualvollsten vernichten konnte. Links Finger zuckten nervös, als könnten sie es kaum noch erwarten, das Schwert aus der Scheide zu reißen und Ganondorf den hässlichen Kopf abzuschlagen.

"Ich kann dich denken hören", zischte Ganondorf, und er konnte die Genugtuung, die in der Stimme mitschwang, kaum noch verbergen. "Und ich... ich empfinde genau wie du."
Er schien zu versuchen, in Links Gesicht zu lesen, doch der Hylianer brachte alle Willenskraft und Entschlossenheit dafür auf, keinen Muskel zu verziehen. Ganondorf stieß einen einzelnen, dumpfen Spottlaut durch die Nase aus.
"Diese beiden Symbole der Macht sind nichts für euch zwei! Ich bin der alleinige Beherrscher des Triforce! Übergebt mir die Fragmente! Ich befehle es!"

Link rührte sich nicht. Er würde nicht kapitulieren. Ein paar Sekunden trafen sich die Blicke der beiden Erzfeinde und die Spannung war fast greifbar. Dann, völlig unvorhergesehen, schleuderte Ganondorf Link etwas entgegen; keine Waffe, Link wäre froh gewesen, wenn es so gewesen wäre. Wenn er ihm etwas entgegen gestellt hätte, das er erfassen, bekämpfen konnte, doch das tat Ganondorf nicht. Er konfrontierte ihn mit der dunklen Macht, die das Fragment der Kraft dem Großmeister des Bösen verlieh. Eine Art starker Gegenwind erfasste Link; er musste sich regelrecht nach vorne stemmen, um nicht hinzufallen. Plötzlich hörte er Navis Stimme: "Die Aura des Bösen ist zu mächtig, ich kann dagegen nichts tun, Link! Ich kann dir nicht helfen, es tut mir leid, Link!"

Mit einem Ruck riss Ganondorf die Hand zurück, der Sog hörte auf. Link musste mit aller Kraft um sein Gleichgewicht kämpfen weil er fast nach vorne gefallen wäre.
Er konnte gerade noch beobachten, wie sich Ganondorf in die Luft begab, denn der Boden fing unter seinen Beinen an zu beben. Erschrocken machte er einige Schritte rückwärts, bis er mit dem Rücken an die Mauer stieß. Er beobachtete, wie rund um die mittlere, quadratische Plattform die zwei angrenzenden Reihen Bodenplatten nach unten fielen und in der Tiefe zerschellten. Plötzlich merkte Link, dass die Plattform das Ende der Säule bildete, die Link schon vorhin gesehen hatte; ein Stockwerk lang war sie also.

In seinen Überlegungen vergaß Link beinahe, das Schwert zu ziehen, doch Ganondorfs Gelächter holte ihn rasch in die Wirklichkeit zurück. Mit einem Ruck glitt das Masterschwert aus der ledernen Hülle und die Kampfeswut, welche die Klinge ausstrahlte, explodierte regelrecht in Links Handfläche, als ob die Klinge vor Vorfreude vibrierte. Ganondorf zögerte nicht lange, zufrieden beobachtete er, dass sein Plan aufgegangen war: mit der Plattform in der Mitte hatte er sich Distanz verschafft. Die Masterklinge würde ihr Ziel so schnell nicht finden. Er streckte die rechte Hand gen Himmel und Link konnte beobachten - und spüren - wie Ganondorf die Energien, die in diesem Raum ungenutzt herumschwirrten, seien sie von Licht, Feuer, Wasser oder sonst etwas anderem, von dem die Menschen in Hyrule nichts ahnen konnten, sammelte und sie in seiner Handfläche bündelte. Er schleuderte die leuchtende Kugel Link entgegen, und etwas in dessen Hinterkopf schrie ihn innerlich zur Vorsicht an; diese Energieansammlung war gefährlicher, als Link es bewusst war. Instinktiv duckte er sich hinter seinem Schild und wartete gespannt. Die Kugel prallte mit einem hässlichen Geräusch auf das Metall und entfaltete seine wahre Kraft; wie von einer unsichtbaren, gigantischen Hand gepackt, wurde Link davon geschleudert, so schnell, dass er nicht mal Zeit zu schreien hatte. Krachend prallte er an der steinernen Wand auf und blieb benommen am Boden liegen. Er nahm den Geschmack von Blut im Mund wahr; ganz offenbar hatte er sich auf die Zunge gebissen. Er schüttelte energisch den Kopf und rappelte sich wieder hoch. Er hatte damit gerechnet, dass Ganondorf es ihm nicht leicht machen würde, aber nicht damit, dass er ihm mit einem Angriff den Wind aus den Segeln nehmen konnte. Er taumelte einige Schritte nach vor und duckte sich wieder im Schutze des Schildes. Ganondorf lachte von der Hartnäckigkeit und der scheinbaren Erbärmlichkeit des Hylianers belustigt auf.
Er wiederholte den Angriff noch mal, doch Link bereitete sich vor. Noch bevor jener es begriff, schnellte die Klinge seines Schwertes vor den Schild und stürzte sich der Energiekugel entgegen. Link war erschrocken, denn anscheinend hatte nicht mehr seine Hand, die den Griff der Klinge krampfhaft umklammerte, die Führung, sondern das Schwert selbst. Doch er wusste, das sein Instinkt diese Bewegung verantwortete; sein Urinstinkt zur Verteidigung gegen die Dunkelheit, die das Mana des Triforce mit zehnfacher Stärke in seinem Unterbewusstsein entbrennen liess. Vielleicht war es dieser Zauber, der aus ihm einen starken Kämpfer machte; die Urinstinkte, die mit ungewöhnlicher Macht in jedem Lebewesen wohnen, zu wecken und zu entfesseln. Doch er konnte sich im Moment nicht darum kümmern. Das Schwert prallte auf die Energiekugel und stieß sie zurück zu Ganondorf! Link konnte beobachten, wie der Grossmeister des Bösen die Augen erstaunt aufriss, als seine machtvolle Attacke zurückschnellte. Doch er fasste sich so schnell wieder, das er Energiesammlung mit einer energischen, fast verächtlichen Bewegung von sich abwies und sie wieder auf Link zukam. Doch Link war bereit und stieß sie wieder mit dem Schwert zurück.

Ein paar Mal ging das so hin und her, bis Ganondorf, durch eine Schwäche in der Verteidigung von seiner Macht getroffen wurde. Er krümmte sich in der Luft vor Schmerzen und Link beobachtete, wie seine dunkle Aura flackerte. Das war die Gelegenheit: Er riss den Bogen und drei Pfeile gleichzeitig vom Rücken, spannte alle drei ein und rief die Macht des Lichtamulettes, das ihn unterstützte, an. Die Pfeile begannen zu leuchten und schimmerten gelblich; die Lichtaura umgab sie. Die heilige Lichtwaffe.

Link zielte eine halbe Sekunde lang, nahm wahr, dass der dunkle Schutzschild des Gegners sich wieder langsam aufbaute und zögerte nicht: Er liess los und mit einem pfeifenden Geräusch schnitten die tödlichen, mit Licht versehenen Geschosse durch die Luft und alle drei fanden ihr Ziel. Getroffen stürzte Ganondorf zu Boden und blieb keuchend dort liegen. Link wusste, dass er sich nun beeilen musste; in ein paar Minuten hatte sein Feind sich bestimmt erholt. Er rannte los, doch seine Hast wurde ihm zum Verhängnis: Er hatte den Spalt zwischen der Mitte und den Seiten vergessen und fiel in die Tiefe. Verzweifelte versuchte er im freien Fall, sich an den metallenen Sprossen der Säule festzuhalten, doch seine Hände schrammten immer nur schmerzhaft über die Kanten und wurden von blutigen Risswunden übersät.
Kurz bevor er aufschlug, nahm Link seinen Mut zusammen, zog die Beine an, stieß den Oberkörper nach unten und streckte die Arme leicht aus. In dieser Haltung schlug er am Boden auf, doch bevor die Kraft des Sturzes in seine Arme fuhr, gaben die Ellbogen nach und er rollte sich vorne weg. Er hatte das Kunststück also tatsächlich vollbracht: Er war, von seinen Händen abgesehen, unverletzt. Er richtete sich auf und das Masterschwert schlug neben ihm am Boden auf. Er hatte es für sein Manöver natürlich fallengelassen; er las es nun vom Boden auf und schob es zurück in die Scheide. Doch er wusste, er hatte keine Zeit zu verlieren. Doch als er hinaufschaute, verzweifelte er beinahe nur bei dem Gedanken, das alles hinaufklettern zu müssen. Da fiel ihm die rettende Idee ein; er riss den Enterhaken aus der Tasche, richtete ihn an die höchste Sprosse in der Reichweite des Instrumentes und drückte ab. Rasselnd schnellte die Kette hervor und hakte sich weit oben mit einem klirrenden Geräusch ein. Link spürte, wie er vom Boden abhob und rasant hinaufgezogen wurde. Er war erleichtert; sein Plan hatte geklappt. Eine Sekunde später war er oben, hielt sich mit der linken Hand an der Leiter fest und steckte mit der rechten den Enterhaken wieder ein. Mit einigen Handgriffen zog er sich auf die Plattform und Ganondorf kauerte, sichtlich erschöpft, neben ihm. Link zögerte nicht. Er riss das Schwert hervor und schlug erbarmungslos auf den Gegner ein. Dreimal, viermal, fünfmal. Plötzlich stöhnte Ganondorf auf, richtete sich noch mal auf. Erschrocken sprang Link rückwärts und konnte sich noch am Rand der Seitenplattform festhalten. Er zog sich hoch und beobachtete die Kreatur der Hölle.

"Ich, der Grossmeister des Bösen... geschlagen von einem Kind?! Das... darf... nicht sein..." Ganondorf fasste sich an den Hals, als bekäme er keine Luft. "Link... !!", keuchte er. Plötzlich richtete er sich zur vollen Grösse auf, hob die Arme in die Luft und stieß einen erstickten Schrei aus. Der Boden begann zu zittern. Die Mauern bebten. Link schaute sich, von Panik erfüllt um. Ein grelles Licht leuchtete auf, klang ab und erlosch. Er stand nicht mehr in einem Raum. Er war an freier Luft, auf dem Dach des Turmes. Vor ihm klappte Ganondorf zusammen. Und da stand sie: Zelda. Ihr Anblick gab Link einen kleinen Stich. Obwohl er alles nur für sie getan hatte, hatte ihm vor dem Moment ihres Zusammentreffens gebangt.

"Ganondorf... bemitleidenswerte Kreatur", flüsterte sie. Doch plötzlich erbebte der Turm, Zelda keuchte erschrocken auf, Link hob den Schild. Der Turm stürzte zusammen! Noch bevor Link ein Wort sagen oder sich darüber freuen konnte, dass Navi wieder da war, riss Zelda ihn an der Hand mit auf die Treppen zu. Sie stürzten hastig hinunter, begleitet von den Trümmern, die in die Tiefe und auf den Boden rings um sie fielen. Der Turm stürzte ein...

Wie Link es mit ihr runtergeschafft hatte, konnte er nicht sagen. Wie im Traum schien es ihm; Zelda hatte ihn mitgezehrt und die Türen geöffnet. Er war wie im Traum gewandelt, doch hier standen sie nun. Sie waren am Leben. Ganondorf tot. Es war vorbei.

Zelda lächelte ihm zu. In ihren Augen stand tagelange Angst geschrieben.

"Ach Link. Es tut mir so leid, dass ich dir diese Prüfungen auferlegen musste. Ich war damals noch jung und dumm, als ich dir die Okarina zuwarf, aber ich hielt es für eine gute Idee. Doch ich habe dir damit nur unnötig Schwierigkeiten bereitet." - "Stimmt", fügte Link in Gedanken hinzu, doch er sagte nichts. Er hätte auch nicht gewusst, was. Bisher hatte er immer gedacht, all das, was er tat, sein mutiges Einschreiten, die Kämpfe. Er dachte, er hätte es aus Liebe zu Zelda getan, doch er spürte jetzt, dass das nicht stimmte. Er stand ihr nun gegenüber und empfand keine Liebe zu ihr. Er liebte sie so wenig wie er sie nicht mochte. Sie war für ihn einfach nur eine Freundin, mehr nicht.

Ein Geräusch in den Trümmern des Turmes riss ihn aus den Gedanken. Er machte einen Schritt auf die Trümmer zu und stieß mit der rechten Hand Zelda ein Stück zurück. Die blutverklebte Linke schloss sich fester um den Griff, Link spürte, dass etwas nicht stimmte. Er näherte sich den losen Steinbrocken. Doch wie auf Kommando, als er mehr als sechs Meter von Zelda entfernt war, umschloss ihn ein brennender Kreis und trennte sie von ihm. Er wandte sich noch zu ihr um doch plötzlich ertönte vor ihm ein Geräusch. Ein Stein pfiff an seinem Kopf vorbei. Er drehte sich herum, obwohl er wusste, was er vor sich sehen würde. Doch die Wahrheit überstieg seine schlimmsten Befürchtungen noch:
Eine blutverschmierte, dunkle Gestalt schwebte in der Luft. Das einzige Licht, das von ihr ausging, waren die hasserfüllten Augen, in denen keine Pupillen mehr zu sehen waren, die einfach nur feuerrot glühten. Ganondorf keuchte laut und hasserfüllt. Demonstrativ hatte er den Arm gehoben. Aus seinem Handrücken flackerte das Triforce auf.

Ganondorf zog die Knie und die Arme an und vollzog eine leuchtende, bedrohlich anzuschauende Metamorphose. Plötzlich schlugen seine Beine am Boden auf. Zumindest schlug das am Boden auf, von dem Link ahnte, dass es die Beine waren:
Schuppige Treter mit riesigen Hufen vorne prangten muskulös und riesig aus Ganondorfs Unterleib. Seine muskelbesetzten Arme hatten mindestens den Durchmesser von einem Meter und jede prankenähnliche Hand hielt ein furchterregendes Schwert in der Hand, das größer war als Link selbst. An seiner Kehrseite hing ein ellenlanger schuppiger Schwanz, der in ein Bündel bunter Stacheln endete. Doch das Schlimmste war das Gesicht. Link hatte niemals etwas Abscheulicheres gesehen. Es war kaum mehr Gesicht zu nennen. Eine Schweinsnase hing in der Mitte dieser Visage, rote, gewundene Hörner prangten auf der Stirn. Die Augen glühten auf. Link wusste, dass dies kein menschliches Wesen mehr war, sondern die letzte und grausamste Inkarnation Ganondorfs, die Ausgeburt der Hölle, die Vereinigung des Bösen: Ganon.

Er fuchtelte wild mit den zwei Schwertern und stieß dabei Schreie aus, die keine menschlichen oder tierischen Laute mehr waren. Es war das Geräusch eines Monsters. Doch Link konnte nicht zu Ende denken: Schon hatte die Kreatur das Schwert gehoben und auf Links Masterschwert eingeschlagen. In hohem Bogen flog die Klinge aus dem Feuerkreis und blieb fest verankert im Boden stecken. Link kannte nur einen Gedanken: Flucht! Mit einem hektischen Rückwärtssalto verfrachtete er sich mal ein Stück zurück um Distanz zu wahren, dann schaffte er sich einen klaren Kopf. Er nahm den Goronen-Hammer an sich. Doch bevor er Ganon damit schlagen konnte, hatte dieser ausgeholt und hieb mit dem Schwert gegen Link. Doch statt, wie Link befürchtet hatte, schlicht in zwei Hälften auseinander zu fallen, flog er durch die Luft. Aus einer klaffenden Wunde am rechten Arm quoll Blut. Er vermochte den Hammer kaum zu halten, doch er zwang sich, nicht aufzugeben. Statt zurückzuweichen, lief er auf Ganon zu und rollte sich, während dieser ausholte, unter seinen Beinen hindurch. Dort leuchtete ihm der Schweif entgegen und er hieb in seiner Verzweiflung wütend darauf ein. Zu seiner grenzenlosen Verwunderung stieß Ganon, gerade an seiner Schwachstelle erwischt, einen markerschütternden Schrei aus. Das war also der wunde Punkt. Link nutzte die Sache zu seinem Vorteil und hieb mehrmals darauf ein, bis sich Ganon schliesslich umdrehte. Er schnaubte sichtlich vor Wut. Gerade als er ausholte zu einem vernichtenden Doppelschlag, zog Link eine Dekunuss aus der Tasche und blendete Ganon damit. Durch die Benommenheit des Gegners wiederum im Vorteil, rollte sich Link wieder unter dessen Beinen durch. Er visierte die Schwanzspitze genau an und machte einen Satz auf Ganon zu und schlug zu. Von den Schmerzen wiederum gepeinigt schrie Ganon wieder auf. Link wiederholte diese Vorgangsweise oft und oft, bis Ganon plötzlich zusammenbrach. Der Feuerring erlosch. Doch Link spürte, dass er ihn noch nicht besiegt hatte. Er lief auf das Masterschwert zu und zog es aus dem Boden. Den Hammer steckte er zurück. Plötzlich geschah etwas Seltsames: Zelda sandte einen Strahl aus ihren Händen, der Ganon traf. Er zuckte und stöhnte, wie unter Schmerzen gepeinigt. "Link! Ich habe ihn soweit geschwächt, wie es mir möglich war! Nimm du das Masterschwert und versetze ihm den Todesstoss!", rief Zelda. Link konnte beobachten, wie die Klinge in seiner Hand aufleuchtete. Die Kampfeswut entbrannte in ihr. Er lief auf Ganon zu, der am Boden lag. Er zögerte einen Augenblick und schlug dann zu. Einmal. Zweimal. Dreimal. Und schliesslich stieß der Hylianer ihm das Schwert in die Stirn zwischen die Augen. Ganon brach unter schrecklichen Schmerzenslauten zusammen. Die Weisen sandten ihre Kraft. Die Umgebung erbrannte in einem farbenfrohen Lichterschauspiel. Das Höllenportal öffnete sich und zog Ganon und all seine schwarze Macht in sich hinein. Das Tor versiegelte sich. Zelda brach erschöpft zusammen. Ein Lichtstrahl erhellte die Umgebung und Link fand sich in einer höheren, heiligen Ebene wieder. Zelda stand ihm gegenüber. Sie legte die Okarina an ihre Lippen, schloss die Augen und spielte. Von Zeldas Wiegenlied sanft begleitet, wurde Link zurückgesandt. Er wurde jünger. Er kam zurück in seine Zeit. Die Zeit schenkte ihm die sieben Jahre wieder, die er geopfert hatte. Seine Seele befand sich wieder in seinem richtigen Ich.

An genau dem Tag, sieben Jahre in der Vergangenheit, ging die Sonne über Hyrule auf und tauchte das befreite Land in das göttliche Licht, das Freiheit und Glück symbolisierte.